Braucht man für Feedback-Anfragen doch keine Einwilligung?

Eine neue Entscheidung des Landgericht Berlin vom 16.1.2017 lässt aufhorchen. Das Gericht hat entschieden, dass Feedback-Anfragen im Anschluss an einen Online-Kauf auch ohne Werbeinwilligung zulässig sind. Vielmehr sind solche E-Mails nach dem Beschluss des Gerichts hinzunehmen, wenn sie innerhalb weniger Tage nach Abschluss des Vertrages versendet werden.

Ein alter Bekannter: Rechtsanwalt Richter bestellt und klagt
Der bundesweit bekannte Abmahn-Anwalt Stefan Richter aus Berlin ging im Wege einer Einstweiligen Verfügung gegen einen Online-Händler wegen dreier E-Mails vor, die er ohne eine Werbeeinwilligung erhalten hatte. Herr Richter kaufte unter Nutzung seiner E-Mail-Adresse einkauf@kanzlei-richter.de Lampen in dem Shop und erhielt wenige Tage später eine E-Mail des Händlers mit dem Betreff: „Bitte bewerten Sie uns!“. Darin wurde der Anwalt gebeten, bei ekomi eine Bewertung für den Shop abzugeben. Viel mehr enthielt die Nachricht nicht, insbesondere keine Werbung für Produkte des Händlers. Ein paar Wochen später wurden zwei weitere zwei E-Mails versandt, in denen für Produkte des Shops geworben wurde.

Erlaubte Bitte um Bewertung
Zwar hat das Landgericht den Händler wegen der weiteren Mails zur Unterlassung verurteilt, weil keine Einwilligung vorlag. Deutlich spannender ist, was das Gericht zu der Feedbackanfrage ausführt: Zwar enthalte auch die E-Mail mit der Bitte um eine Bewertung Werbung, doch ergebe eine Interessenabwägung, dass die dadurch hervorgerufene Belästigung des Herrn Richter hinter das Interesse des Geschäftsverkehrs an einer Bewertung von Verkaufsvorgängen im Internet zurücktreten muss (LG Berlin vom 16.1.2017, Az. 16 O 544/16).

Auch der BGH halte Werbung per E-Mail ohne Einwilligung des Empfängers nur grundsätzlich für rechtswidrig. Das heißt aber nicht, dass es keine Ausnahmen gebe. Der BGH habe in seiner Tell-a-friend-Entscheidung klargestellt, dass zumindest in bestimmten Konstellationen der Werbung eine Interessenabwägung vorzunehmen ist. Wenn Rechte wegen der Verletzung des Persönlichkeitsrechts oder des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb geltend gemacht werden muss eine Abwägung der beteiligten Interessen erfolgen und nicht jede E-Mail ist wirklich rechtwidrig.

Diese Interessenabwägung fällt hier zu Gunsten des Händlers aus: Die Kundenbewertung nach Abschluss einer Verkaufstransaktion über das Internet sei inzwischen weit verbreitet, allgemein üblich und objektiv sinnvoll. Ein Feedback der Kunden ermögliche eine Kontrolle der ansonsten völlig anonymen Anbieter im Internet, weil die Bewertungen anderer Kaufinteressenten eine bessere Einschätzung des Verkäufers ermöglichen. Die Einzelbewertungen schafften damit eine Markttransparenz und negative Bewertungen haben für die Unternehmer spürbare Folgen.

Angesichts dieser positiven Aspekte eines Bewertungsverfahrens erscheint es dem Gericht hinnehmbar, wenn der Verkäufer den Kunden nach Abschluss einer Verkaufsaktion zeitnah, z.B. innerhalb von 2 Wochen nach dem Kauf, einmalig um Abgabe einer Bewertung bitte.

Der Antrag wurde damit im Hinblick auf die Berwertungsanfrage per E-Mail abgelehnt und Rechtsanwalt Richter ein Teil der Kosten des Verfahrens auferlegt.

Fazit und Handlungsempfehlung
Der Beschluss des Berliner Gerichts ist richtig. Nicht jede geschäftliche E-Mail ist als Belästigung anzusehen. Insbesondere wenn Unternehmen oder Privatpersonen gegen angeblichen Spam vorgehen, ist eine Interessenabwägung notwendig. Das machen Gerichte bisher viel zu selten.

Die Entscheidung ist aber nicht rechtskräftig, ein Einzelfall und kein Freibrief für den Versand von Bewertungsanfragen per E-Mail. Zwar hat es in der Vergangenheit ähnlich gelagerte Urteile gegeben, doch gibt es auch andere Meinungen: Das OLG Dresden hat zum Beispiel im vergangenen Jahr Bewertungsanfragen explizit für Werbung gehalten und auch eine Einwilligung verlangt. Dennoch zeigt die Entscheidung, dass man das auch anders sehen kann – und sollte.

Viele Unternehmen versenden Feedbackanfragen im Anschluss an Kaufabschlüsse im Internet. Bei einem unserer letzten Webinare zum Thema E-Mail-Marketing haben immerhin 65 % der teilnehmenden Unternehmen angegeben, solche Bewertungsanfragen zu versenden. Das Urteil gibt Anlass zu fünf Empfehlungen für Unternehmen:

  • Versenden Sie Feedbackanfragen nur innerhalb von maximal zwei Wochen nach Abschluss des Kaufs.
  • Beschränken Sie die E-Mail auf die Bitte um Abgabe einer Bewertung und fügen Sie keine weitere Werbung ein.
  • Beachten Sie unbedingt vorher erklärte Werbewidersprüche. Wer sich von Ihrem Newsletter abgemeldet hat, sollte auch keine Feedbackanfragen bekommen.
  • Sperren Sie immer die E-Mail-Adressen, nicht Kundenkonten. Es ist schon vorgekommen, dass sich Anwälte mit der gleichen E-Mail-Adresse ein neues Kundenkonto angelegt haben.
  • Sperren Sie außerdem unabhängig davon alle E-Mail-Adressen der Domain kanzlei-richter.com. Es sind uns viele Fälle bekannt, in denen Herr Richter bei Online-Shops erst Bestellungen vornimmt und dann gezielt abmahnt, wenn im Anschluss E-Mails kommen.