LG Frankfurt: Sofortüberweisung kein gängiges Zahlungsmittel

Nicht erst seit dem 13. Juni letzten Jahres dürfen Kosten für die Verwendung eines Zahlungsmittels von Verbrauchern nur dann erhoben werden, wenn den Kunden ein anderes kostenfreies, gängiges und zumutbares Zahlungsmittel zur Verfügung steht. Das Landgericht Frankfurt am Main hat nun entschieden, dass eine Bezahlmöglichkeit über Sofortüberweisung der Sofort AG kein Zahlungsmittel in diesem Sinne ist. Die Erhebung von zusätzlichen Gebühren für andere Zahlungsmittel ist damit rechtswidrig.

Enge Grenzen für die Erhebung von gebühren für die Zahlung des Verbrauchers
§ 312a Abs. 4 BGB hat es in sich. Nach dieser Vorschrift darf ein Entgelt für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsmittel nur erhoben werden, wenn

  1. für den Verbraucher eine gängige und zumutbare unentgeltliche Zahlungsmöglichkeit besteht
    und
  2. das vereinbarte Entgelt nicht über die Kosten hinausgeht, die dem Unternehmer durch die Nutzung des Zahlungsmittels entstehen.

Die Norm gilt für den gesamten Verbraucherverkehr, online wie offline.

Voraussetzung: Gängige zumutbare kostenfreie Zahlungsmöglichkeit
Damit überhaupt Gebühren für die Nutzung bestimmter Zahlungsmittel (etwa Kreditkartenzahlungen) erhoben werden dürfen, muss also eine gängige kostenfreie Zahlungsmöglichkeit eingeräumt werden.

Darüber, was gängige kostenfreie Zahlungsmöglichkeiten sind, gehen die Meinungen auseinander. Die Zahlung per Banküberweisung, Lastschrift oder mit gängigen Kreditkarten dürfte jedenfalls darunter fallen. Das OLG Dresden hat Anfang des Jahres entschieden, dass „Visa-Electron-Karte“ und „Master Card Gold“ keine gängigen Zahlungsmittel sind (OLG Dresden vom 3.2.2015, Az. 14 U 1489/14).

LG Frankfurt a.M.: Sofortüberweisung kein gängiges Zahlungsmittel
Auf eine Klage des Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) ist eine Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn AG dazu verurteilt worden, es zu unterlassen, als einziges kostenfreies Zahlungsmittel ausschließlich Sofortüberweisung anzubieten (Landgericht Frankfurt a.M. vom 24.6.2015, Az. 2-06 O 458/14).

Bei dieser Zahlungsmöglichkeit handele es sich nicht um eine zumutbare Zahlungsmethode. Zwar sei Sofortüberweisung insofern ein gängiges Zahlungsmittel, als diese Zahlungsmöglichkeit bei 54 % der 100 umsatzstärksten Online-Shops eingesetzt werde. Zudem liege eine Bankenabdeckung von 99 % vor, so dass man den Dienst mit einem Konto bei fast jeder Bank in Deutschland nutzen könne. Allerdings sei das Zahlungsmittel unzumutbar. Dies ergebe sich daraus, dass der Nutzer PIN und TAN dem Zahlungsdienstleister mitteilen müsse. Daraus ergäben sich erhebliche Risiken für die Datensicherheit. Ein Dienst, bei dem der Verbraucher gezwungen sei, seine Bankdaten einem Dritten mitzuteilen, sei unzumutbar. Zwar könne der Dienst weiterhin als Zahlungsmittel angeboten werden. Es dürfe aber nicht die einzige kostenfreie Zahlungsmöglichkeit sein.

Höhe der Gebühren auf tatsächliche Kosten beschränkt
Noch gravierender dürfte die Beschränkung sein, die § 312a Abs. 4 Nr. 2 BGB den Händlern auferlegt. Auch die Höhe der verlangten Gebühren ist nämlich beschränkt. An den Verbraucher dürfen nur die Kosten weitergereicht werden, die dem Händler selbst entstehen. Der Händler soll sich an den Gebühren nicht bereichern dürfen. Was allerdings alles zu den weiterbelastbaren Kosten gehört ist noch nicht sicher.

Klar ist, dass der Unternehmer alle Kosten weiterberechnen darf, die ihm infolge des Einsatzes des jeweiligen Zahlungsmittels durch den Kunden unmittelbar entstehen. Dies betrifft also zum Beispiel sowohl Bankgebühren, als auch Entgelte, die an involvierte Dienstleister zu zahlen sind. Nicht durch den Wortlaut des Gesetzes ausgeschlossen ist auch die Weiterleitung interner Kosten.

Häufig werden jedoch keine einzelfallbezogene Vergütung, sondern Pauschalen vereinbart. Fraglich ist daher, inwiefern Pauschalen, Einrichtungsgebühren oder Abschläge anteilig an die Kunden weitergegeben werden dürfen. Der Wortlaut des Gesetzes beantwortet diese Frage nicht. Weder lässt sich eindeutig entnehmen, dass ausschließlich solche Kosten gemeint sind, die dem Unternehmer durch die einzelne Transaktion des konkreten Verbrauchers unmittelbar entstehen, noch ist eindeutig geregelt, dass auch fixe Kosten des Unternehmers im Zusammenhang mit dem konkret eingesetzten Zahlungsmittel umlagefähig sein sollen.

Weil Sinn der Regelung ist, die Verbraucher vor überhöhten Kosten zu schützen, sollten auch Entgelte weitergereicht werden können, die für einen bestimmten Zeitraum oder eine bestimmte Anzahl von Transaktionen erhoben werden. Es ist auch nicht einzusehen, warum eine pauschale Vergütung mit dem Anbieter des Zahlungsmittels nicht erfasst sein soll, eine konkret auf einzelne Transaktionen gerichtete Zahlung jedoch schon. Dies gilt umso mehr, als die Alternative die Umlage dieser Kosten auf alle Verbraucher – also auch solche, die kostenfreie Zahlungsmittel verwenden – ist. Vereinbart der Unternehmer mit dem Dienstleister eine von der Einzeltransaktion unabhängige Pauschale, ist daher eine Umlage auf die Verbraucher zulässig.

Dem Unternehmer ist dabei ein gewisser Beurteilungsspielraum in Bezug auf die zu erwartende Zahl von Kunden, auf die Kosten umgelegt werden dürfen, zuzugestehen. Stellt der Unternehmer im Anschluss an eine Abrechnungsperiode fest, dass seine Kosten für die Nutzung des Zahlungsmittels im Mittel die für den Einsatz des Zahlungsmittels von den Verbrauchern verlangten Gebühren übersteigen, muss er die verlangten Kosten für die Zukunft anpassen.

Zusätzliche Informationspflicht über zur Verfügung stehende Zahlungsmittel
Im Zusammenhang mit Zahlungsmitteln lohnt es sich, auch auf § 312j Abs. 1 BGB hinzuweisen. Danach muss der Unternehmer im B2C-E-Commerce spätestens bei Beginn des Bestellvorgangs klar und deutlich anzugeben, welche Zahlungsmittel akzeptiert werden.

Der Bestellprozess beginnt bei einer Internetbestellung, wenn der Kunde von ihm ausgewählte Produkte in den virtuellen Warenkorb legt. Dies bedeutet, dass eine Information erst bei Aufrufen des Warenkorns verspätet ist. Der Nutzer muss daher die Möglichkeit haben, schon bei Durchsicht des Warenangebotes die Informationen zur Kenntnis zu nehmen.

Konsequenzen für die Praxis
Online-Shops sollten erneut prüfen, welche Zahlungsmittel im Shop akzeptiert (kostenfrei) sind. Zusätzliche Gebühren Zahlungsmethoden dürfen nur erhoben werden, wenn ein gängiges kostenfreies Zahlungsmittel zur Verfügung steht, das für den Kunden auch zumutbar ist. Nach der Entscheidung des Landgerichts Frankfurt zählt Sofortüberweisung dazu nicht.

Auch die Höhe der Gebühren muss genau kalkuliert sein. Unternehmen sind bei der Preisgestaltung hier nicht frei. Werden mit Zahlungdienstleistern Pauschalen vereinbart, schließt dies die Weitergabe von Kosten nicht aus. Allerdings muss sich das Unternehmen darum bemühen, nur solche Kosten an die Kunden weiterzugeben, die tatsächlich entstehen. Es ist daher eine regelmäßige Evaluation erforderlich, um zu verhindern, dass Einnahmen, die aus Kosten für die Verwendung bestimmter Zahlungsmittel entfallen, die damit verbundenen Kosten übersteigen.

Verstöße gegen die oben genannten Vorschriften sind abmahnfähig. Außerdem besteht theoretisch ein Rückzahlungsanspruch der Kunden in Höhe des zu viel verlangten Entgelts für das Zahlungsmittel.

Das Urteil ist falsch! Warum, steht in der K&R
Warum ich das Urteil für falsch halte, habe ich in der aktuellen K&R besprochen. Der Beitrag zum Urteil des LG Frankfurt, Az. 2-06 O 458/14 ist als Volltext bei haerting.de verfügbar.