„SEO als Werkvertrag“ oder der Weltuntergang im Sommerloch

Eine Sommerlochmeldung macht dieser Tage die SEO-Branche unruhig. Es geht um ein Urteil des Landgerichts Amberg, in dem angeblich entschieden wurde, dass „SEO ab jetzt Werkvertrag“ sei. Das ist in dieser Absolutheit Unsinn, vor allem aber fehlt der Blick auf die Konsequenzen.

Ein Urteil eines Landgerichts, fast ein Jahr alt

Das Urteil, über das nunmehr allenthalben berichtet wird, ist fast ein Jahr alt. Es geht um eine Entscheidung des LG Amberg vom 22.08.2012 zum Aktenzeichen 14 O 417/12 (nicht 14 O 117/12, wie auch die Internetworld fälschlich übernommen hat). Das Urteil ist mehrfach besprochen worden, auch in meinem Suchradar-Jahresrückblick hat es Eingang gefunden.

Geklagt hatte ein freiberuflicher Texter gegen eine offenbar mäßig seriöse SEO-Agentur, die versprach, innerhalb von 3 Monaten jeweils 228 Links auf die Seite des Klägers gegen ein monatliches Entgelt von 177,- Euro zu setzen. Die Links wurden teils in Blogkommentaren gesetzt, die unter dem Namen des Klägers gepostet worden waren. Der Kläger, der den vereinbarten Betrag bereits gezahlt hatte, verlor seine Klage auf Rückzahlung des Betrages.

Wer konkrete Links verspricht, verspricht einen konkreten Erfolg

Für die Frage, ob ein Rückzahlungsanspruch bestand, musste das Gericht den Vertragstyp bestimmen und hat ohne große Umschweife Werkvertragsrecht angenommen. Und das zu Recht und keineswegs überraschend: Wer sich verpflichtet, 228 Links im Monat zu setzen, verspricht einen klar definierten Erfolg und verspricht nicht nur ein Bemühen oder ein Tätigwerden.

Einzelfall bleibt Einzelfall

Damit sind aber nicht alle Messen gesungen. Ob in Zukunft ein Gericht, das über einen Vertrag über SEO-Leistungen zu entscheiden hat, seiner Entscheidung Dienstvertragsrecht oder Werkvertragsrecht zugrunde legen wird, hängt von den vertraglichen Absprachen im Einzelfall und keineswegs von einem Urteil eines bayerischen Landgerichts über einen speziellen Einzelfall ab. Zu vielschichtig sind die Leistungen, die Bestandteil eines SEO-Vertrages sein können:

  • Beratung
  • Konkurrenz-Analyse
  • Keyword-Analyse
  • Linkbuilding
  • konkrete Backlinks
  • konkrete Umfelder
  • Onsite-Optimierung
  • Content-Erstellung
  • konkrete Platzierungsversprechen

Kein konkretes Ranking geschuldet

Es besteht auch kein Grund zur Panikmache: Wer eine konkrete Leistung verspricht, muss sich daran messen lassen. Grund zur Unruhe wäre allenfalls dann angezeigt, wenn eine Einordnung als Werkvertrag auch generell zu einem bestimmten Rankingerfolg führen müsste. Das ist aber im Normalfall ausgeschlossen. Natürlich verspricht einen Erfolg und muss sich am Werkvertragsrecht messen lassen, wer eine Top 3-Platzierung binnen 6 Wochen für ein bestimmtes Keyword verspricht.

Wer dies jedoch gerade nicht tut und sich lediglich zu Linkbuilding-Maßnahmen verpflichtet, muss nicht fürchten, dass der ganze Vertrag rückabgewickelt wird, weil der Kunde mit der Platzierung nicht zufrieden ist. Jeder, der einigermaßen mit SEO vertraut ist, weiß, dass auch Links nur ein Baustein eines guten Google-Rankings sind. Schon deshalb kann ein Kunde kaum auf eine konkrete Platzierung vertrauen.

Alles bleibt daher, wie es war

  1.  Wer keine konkreten Platzierungserfolge verspricht, schuldet auch kein      bestimmtes Ranking.
  2. Werden im Rahmen eines Agenturvertrages konkrete SEO-Maßnahmen (Content-Erstellung, eine bestimmte Anzahl oder Qualität von Links) versprochen, muss der Anbieter nach den Regeln des Werkvertragsrechts Gewähr leisten.
  3. Jeder Mängelanspruch des Kunden setzt in aller Regel eine Frist zur      Nachbesserung voraus, es sei denn, es ist vertraglich etwas anderes vereinbart. Einen sofortigen Rücktritt vom Vertrag muss daher keine Agentur fürchten.
  4. Wer lediglich mit Budgets ohne konkrete Verpflichtungen arbeitet, ist      weiterhin im Dienstvertragsrecht.
  5. Keine Agentur, die nicht vollmundig Toppplatzierungen versprochen hat, muss fürchten, dass Kunden den Vertrag wegen des Ausbleibens einer bestimmten Platzierung außerordentlich kündigen können.

Ein Sturm im Wasserglas. Eine Sensation, die keine ist. Eine Sommerlochgeschichte.